Mit Weitblick zum Genuss

Kräuterpädagogin Brigitte Zinsmeister bietet Führungen und Picknicks am Altmühltal-Panoramaweg an.

Beim Wandern auf dem Altmühltal-Panoramaweg schweift der Blick meist in die Ferne, über das Tal mit dem glitzernden Fluss, zu den Felsen an den Hängen. Bei Brigitte Zinsmeister liegt der Fokus dagegen auf dem, was ganz nah ist. Hier sprießt der Thymian, dort die Hauhechel oder eine Königskerze. „Auf dem Trockenrasen wachsen echte Spezialisten“, weiß die Expertin. „Es ist eine ganz besondere Gegend. Dazu kommen noch die Weitblicke am Altmühltal-Panoramaweg, das schätzen die Gäste sehr.“

Das Dorf Schönfeld, wo Brigitte Zinsmeister lebt und auch ihren „Kräutertreff“ eingerichtet hat, liegt umgeben von Feldern, Wiesen und Wald auf der Jurahochfläche. Nur wenige 100 Meter von den Häusern entfernt verläuft der Altmühltal-Panoramaweg an der Hangkante. „Das Teilstück zwischen Mörnsheim und Dollnstein ist total reizvoll“, schwärmt die Kräuterpädagogin. Tatsächlich ist auf der kurzen Strecke der Kräuterwanderung viel von dem erlebbar, was den Altmühltal-Panoramaweg ausmacht: ein naturnaher Pfad, die schöne Aussicht übers Altmühltal bei Hagenacker und die typische Landschaft der Wacholderheide. Letztere macht ihrem Ruf, südliches Flair zu verströmen, an diesem Frühlingstag alle Ehre: Während auf dem Jura noch ein frischer Wind weht, ist es hier so angenehm warm, dass sich schon jemand auf der „Wellnessbank“ ausgestreckt hat. Die bequeme Holzliege ist der ideale Platz, um die Aussicht zu genießen. An dieser Stelle veranstaltet Brigitte Zinsmeister auch ihre Kräuterpicknicks – einmal im Jahr zu einem festen Termin und auf Anfrage für Gruppen.

Geschmack steht an erster Stelle

Zum Auftakt führt sie ihre Gruppen am Waldsaum entlang und durch ein lichtes Waldstück. Was sie den Leuten dabei zeigt, hängt von der Jahreszeit ab. „Die Grundkräuter wie der Löwenzahn sind eigentlich immer da“, erklärt sie. Aus dessen Blüten, die man am besten zwischen Anfang und Mitte April ernten kann, stellt sie einen goldbraunen Sirup her, der ein bisschen nach Hustenbonbon schmeckt. Eine Kostprobe hat sie dabei. Mit mehreren solchen Appetithäppchen versüßt sie den Kräuterwanderern die Tour. Zum Abschluss gibt es im „Kräutertreff“ noch ein Wildkräutermenü oder ein Wildkräuterbuffet. Dafür zaubert Brigitte Zinsmeister einiges auf die Teller.

Die gelernte Köchin, die mit ihrem Mann eine Landwirtschaft im Nebenerwerb führte, kam selbst eher zufällig auf die Wildkräuter, wie sie erzählt: „Als meine Kinder groß waren, habe ich etwas gesucht, was ich für mich machen kann.“ Die Ausbildung zur Kräuterpädagogin kam gerade recht. Seither kocht sie auch privat gern mit Wildkräutern, die sie als gesunde Beigabe schätzt. „Aus unserem Gemüse wurden die Bitterstoffe herausgezüchtet, um den Geschmack angenehmer zu machen“, erklärt sie. „Aber diese Bitterstoffe regen das Verdauungssystem an, sie sind gut für Leber, Magen und Galle. Die Unkräuter haben sie noch drin.“

Eine Überdosis Waldmeister

Die gesunden Wilden zu finden, ist gar nicht so schwer. Oft könne man sich aus dem eigenen Garten bedienen, rät die Expertin. Wichtig ist allerdings, nur das zu ernten, was man auch sicher erkennt. „Das ist wie bei Pilzen“, betont Brigitte Zinsmeister. Der Wiesenkerbel zum Beispiel hat giftige Doppelgänger. Die Veilchen dagegen, die wenig später am Wegesrand blühen, kann man ohne weiteres als essbare Deko verwenden.

Manchmal ist auch die Dosierung wichtig, etwa beim Waldmeister, der ein paar Schritte weiter in einem lichten Waldstück sprießt. Er enthält Cumarin, das in zu hohen Dosen Kopfschmerzen und Übelkeit verursachen kann. „Viele tun zu viel davon in Bowle und denken, das Kopfweh kommt vom Alkohol“, meint die Kräuterpädagogin. „Zehn bis zwölf Stängel auf einen Liter Wein sind genug.“ Grün wird die Bowle vom Waldmeister übrigens auch nicht; die leuchtende Farbe, die Produkte mit Waldmeistergeschmack oft zeigen, ist künstlich.

Eine Frau mit roter Jacke und grünem Rucksack geht vor einem Mann mit rotem Rucksack und weißen Shirt den Altmühltal-Panoramaweg nach Hagenacker hinunter. Die Wiesen sind grün und man hat eine gute Aussicht auf Hackenacker und das Tal.

Von Beeren und Likören

Ob zum Saisonstart im Frühling, im Hochsommer oder wenn der Herbst sich ankündigt, ein Stopp darf auf der Tour nicht fehlen. „Der Wacholder ist das typische Gewächs bei uns und Namensgeber der Wacholderheiden“, erläutert Brigitte Zinsmeister, während sie den stacheligen Busch mit geschultem Blick ins Visier nimmt. Schnell hat sie gefunden, was sie sucht: die kleinen Beeren, einige noch grün, die anderen schon dunkel und erntereif. „Eigentlich sind es Zapfen“, weiß die Expertin. „Sie reifen über zwei Jahre hinweg – und zwar nur an den weiblichen Pflanzen. Deshalb sieht man auch immer wieder Büsche ohne Beeren.“

Obwohl der Wacholder geschützt ist, darf man die Beeren für den Hausgebrauch ernten. Traditionell werden schwer verdauliche Speisen wie Sauerkraut damit gewürzt. Ein anderes Wacholderprodukt liegt zur Zeit voll im Trend: Gin. „Wacholdergetränk mit drei Buchstaben, das kommt oft in Kreuzworträtseln vor“, meint Brigitte Zinsmeister lachend. Sie selbst macht lieber Wacholderlikör, der natürlich auch verkostet werden darf. Als heimisches Produkt, das einen Beitrag zum Erhalt der einzigartigen Wacholderheiden leistet, gehört ihr Likör zur „Naturpark Altmühltal Edition“. Von Kräutersalz über Gelee bis hin zu verschiedenen Essig-Kreationen stellt sie noch weitere Kräuterspezialitäten für den Verkauf her.

Begeistert von Brennnesseln

Langsam nähert sich die Runde dem Ende. 15 bis 18 verschiedene Kräuter zeigt Brigitte Zinsmeister im Rahmen der rund zweistündigen Wanderung. Da wächst neben dem Wissen auch der Appetit. Mit Köstlichkeiten wie Knödel-Tris mit Brennnesseln, Giersch und Dost sowie Roter Bete, gefüllten Champigons mit Wildkräuterfrischkäse oder Rinderroulade mit Brennnesselpesto klingt die Führung aus. „Beim Essen sind dann alle begeistert“, freut sich die Führerin, „auch Männer, die vorher eher skeptisch waren. Sie sehen, dass man mit den Unkräutern viele Gerichte aufpeppen kann. Das zu zeigen, ist mein Ziel. Das Unkraut ist zwar oft lästig und macht Arbeit, aber es hat eben auch positive Seiten.“

Urlaub machen, essen, trinken…