Vielstimmiges Blöken erschallt als Begrüßungsmusik auf dem Hof der Eichhorns am Schernfelder Ortsrand. 1000 Mutterschafe sind hier zu Hause, zusammen mit je nach Jahreszeit rund 500 Lämmern.
Den Sommer verbringen die meisten von ihnen allerdings nicht im Stall, sondern auf den für den Naturpark Altmühltal so typischen Wacholderheiden und Magerrasen – ein wertvoller Lebensraum für seltene Pflanzen und Tiere. Hier lassen sich die Schafe Kräuter wie wilden Thymian, Habichtskraut oder Echtes Labkraut schmecken.
Diese Kost macht das Fleisch des „Altmühltaler Lamms“ nicht nur besonders zart und würzig, sondern die Schafe auch zu „Landschaftsschützern auf vier Beinen“: Die hungrigen Schafe und Ziegen zupfen die Triebe von Büschen und Bäumen von der Heide, die diesen empfindlichen Lebensraum für Apollofalter oder Heidegrashüpfer, Silberdistel oder Enzian sonst schon bald überwuchern würden. „Die Landschaftspflege ist deshalb auch der wichtigste Aspekt unserer Arbeit als Hüteschäfer“, betont Barbara Eichhorn. „Schafe eignen sich für die Wacholderheiden besonders gut“, ergänzt ihr sechs Jahre jüngerer Bruder Johannes: „Rinder zum Beispiel wären zu schwer und würden den Boden verdichten. Und mit Maschinen würde man viel zu viel kaputt machen – doch für deren Einsatz sind die Hänge sowieso zu steil.“
Familien-Schäferei mit Tradition
Vier Geschwister sind die jungen Eichhorns, drei von ihnen treten in die Schäfer-Fußstapfen ihrer Eltern und Großeltern – mit der Herde unterwegs sind sie bereits, seit sie laufen können. Neben Barbara und Johannes, die bereits voll im Betrieb mitarbeiten, steht auch Matthias schon in den Startlöchern. Barbara hat zuvor mehrere Jahre als Physiotherapeutin gearbeitet, erst vor Kurzem fiel ihr Entschluss für ein Leben mit den Schafen. „Es war an der Zeit“, sagt sie als Begründung, „weil einfach das Herzblut daran hängt.“
Von Hagenacker bei Mörnsheim bis Obereichstätt sind die Eichhorns mit ihrer „Altmühltaler Lamm“-Herde unterwegs. Bis zu 25 Kilometer am Tag legen Schafe und Schäfer an einem Tag zurück – bei 35 Grad im Schatten, bei Regen oder Hagel: Mensch und Tier sind draußen. „Mit Schäferromantik hat das nicht viel zu tun“, erklärt Johannes: „Draußen zu sein: Das bedeutet morgens den Pferch, in dem die Schafe die Nacht über standen, abbauen, mit den Hunden arbeiten, aufpassen, dass die Schafe genug fressen und trinken, sich um jedes einzelne Tier kümmern und abends das neue Nachtquartier aufbauen.“
„Und man muss über Stunden mit sich alleine sein können“, ergänzt Barbara. „Aber wenn man das kann, ist es herrlich. Unser Vater sagt immer, ein Tag mit den Schafen draußen, das ist wie Urlaub.“ Vater Alfred und Mutter Maria sind laut Barbara außerdem „der Kopf alles Organisatorischen“ auf dem Hof – denn die Arbeit mit den Schafen bedeutet noch viel mehr als die Zeit auf der Weide. Deshalb haben die Eichhorns für die tägliche Arbeit mit den Schafen auch die Unterstützung eines angestellten Schäfers und eines Auszubildenden.
„Das Futter für den Winter, wenn die Tiere im Stall sind, bauen wir komplett selbst an“, erklärt Barbara. Außerdem schlachten die Eichhorns einmal in der Woche. Circa sechs Monate ist ein Lamm bei der Schlachtung alt, damit sein Fleisch das Qualitätszeichen „Altmühltaler Lamm“ tragen darf. Die Eichhorns beliefern zertifizierte Metzgereien und Gastwirtschaften im Naturpark Altmühltal mit ihrem zarten Lammfleisch. Wer Lust auf Lamm hat und es selbst zubereiten will, kann sich auch direkt ab Hof sein „Altmühltaler Lamm“ abholen. Die kleinste Abgabemenge sind hier halbe Lämmer zu etwa 10 Kilo, fachgerecht zerlegt. Auch die Felle werden ab Hof vermarktet.
Mit Fettreserve zum „Damenbesuch“
Damit es auch weiterhin zartes Lammfleisch gibt, bekommen die Mutterschafe auf der Weide etwa zweimal im Jahr Besuch von den zehn Zuchtböcken der Eichhorns. Sie leben die übrige Zeit des Jahres im Stall und „fressen sich dort“, so Johannes, „schön fett“. Diesen Vorrat am Leib brauchen die Böcke auch – denn die je vier Wochen bei den Weibchen sind für die Schafherren äußerst anstrengend. „Die Jungs kommen oft mit 20 bis 30 Kilo weniger nach Hause“, stellt der Jungschäfer fest, „das ist für sie Schwerstarbeit“. Wenige Monate später tummelt sich auf den Wacholderheiden die nächste Generation der weißgelockten Lämmer – und damit das Versprechen auf einen regionalen Hochgenuss und die Bewahrung einer einzigartigen Kulturlandschaft.